Bewusste Ernährung: Wie Ernährung unsere Psyche beeinflusst und stärkt

Die Nährstoffe, die wir zu uns nehmen, haben einen Einfluss auf unseren Gehirnstoffwechsel und sorgen im besten Fall für ein Gleichgewicht verschiedener Botenstoffe. Beispielsweise fördern Bananen die Produktion des Glückhormons Dopamin und auch Mandeln sorgen dafür, dass unser Stressempfinden durch einen höheren Serotoninspiegel abnimmt. Dass eine ausgewogene Ernährung sowohl präventiv, als auch begleitend bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen sinnvoll ist, steht damit außer Frage. Doch was sind die neusten Erkenntnisse der Wissenschaft und welche Lebensmittel helfen nun bei welcher psychischen Erkrankung?

Einblicke in die aktuelle Forschung

In den letzten Jahren hat die Forschung bedeutende Fortschritte bei der Untersuchung der Verbindung zwischen psychischen Erkrankungen und Ernährung gemacht. Es folgen einige neue Erkenntnisse, die unsere Sichtweise auf dieses wichtige Thema erweitern:

  1. Mikrobiom und psychische Gesundheit:

Das Mikrobiom, die Vielzahl von Mikroorganismen in unserem Darm, hat erhebliche Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit. Studien haben gezeigt, dass ein Ungleichgewicht in der Darmflora mit Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen in Verbindung stehen kann. Die Förderung eines gesunden Mikrobioms kann durch probiotische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel geschehen.

  1. Entzündungen und psychische Gesundheit:

Entzündungen im Körper können auch das Gehirn beeinflussen und mit psychischen Erkrankungen in Verbindung stehen. Eine Ernährung, die reich an entzündungshemmenden Nährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und Ballaststoffen ist, kann dazu beitragen Entzündungen zu reduzieren und somit die psychische Gesundheit zu verbessern.

  1. Gluten und psychische Gesundheit:

Eine glutenfreie Ernährung kann bei einigen Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Schizophrenie, positive Auswirkungen haben. Es wird vermutet, dass Gluten die Darmpermeabilität beeinflusst, was wiederum Auswirkungen auf die Gehirnfunktion haben kann.

  1. Ketogene Ernährung und Gehirngesundheit:

Die ketogene Ernährung, die arm an Kohlenhydraten und reich an gesunden Fetten ist, hat viel Aufmerksamkeit für ihre potenziellen Vorteile für die Gehirngesundheit erhalten. Es gibt Hinweise darauf, dass sie bei Epilepsie und neurologischen Störungen helfen kann, aber auch bei anderen psychischen Erkrankungen positive Auswirkungen haben könnte.

  1. Individualisierte Ernährungstherapie:

Es wird zunehmend erkannt, dass es keine „one-size-fits-all“ Lösung gibt, wenn es um Ernährung und psychische Gesundheit geht. Individuelle Unterschiede in der Genetik, im Stoffwechsel und in der Darmflora bedeuten, dass verschiedene Menschen unterschiedlich auf bestimmte Nahrungsmittel reagieren können. Eine personalisierte Ernährungstherapie, die diese Unterschiede berücksichtigt, gewinnt daher an Bedeutung.

Gut Feeling: Die Rolle von Darmbakterien in unserer emotionalen Gesundheit

Die neusten Erkenntnisse der Wissenschaft zum Aufbau einer gesunden Darmflora sind so bedeutend und komplex, dass sie nochmal eine weitere Ausführung verdienen. Bei den dabei eingesetzten Probiotika handelt es sich um lebende Mikroorganismen, die gesundheitsfördernde Wirkungen auf den Wirtsorganismus haben. Diese Mikroorganismen sind in der Regel Bakterien, aber auch Hefen können als Probiotika dienen. Die meisten Probiotika gehören zu den Gruppen der Milchsäurebakterien (wie Lactobacillus und Bifidobacterium), die natürlicherweise im menschlichen Darm vorkommen.

Probiotika werden oft in Joghurts und fermentierten Milchprodukten sowie Gemüse gefunden. Einige Menschen nehmen sie auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ein, insbesondere nach Antibiotika-Behandlungen, um die Darmflora wiederherzustellen.

Folgend erfahren Sie, wie diese kleinen Mikroorganismen einen großen Einfluss auf unsere Stimmung und unser emotionales Wohlbefinden haben können:

Die Darm-Hirn-Verbindung:

Der Darm wird oft als unser „zweites Gehirn“ bezeichnet, da er eine Vielzahl von Nervenzellen enthält und mit dem zentralen Nervensystem eng verbunden ist. Diese Verbindung ermöglicht die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn über verschiedene chemische Signale. Probiotika, die guten Bakterien, spielen hierbei eine entscheidende Rolle.

Probiotika und Neurotransmitter:

Eine gesunde Darmflora trägt zur Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und GABA bei. Diese chemischen Botenstoffe haben einen erheblichen Einfluss auf unsere Stimmung, Motivation und Entspannung. Ein Mangel an Probiotika kann zu einem Ungleichgewicht dieser Neurotransmitter führen und somit zu emotionalen Unausgeglichenheiten beitragen.

Stressreduktion und Entzündungshemmung:

Stress kann einen erheblichen Einfluss auf die Darmgesundheit haben, da er das Gleichgewicht der Darmflora stören kann. Probiotika können helfen, den Darm vor den negativen Auswirkungen von Stress zu schützen und somit die psychische Belastung zu reduzieren. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass Probiotika entzündungshemmende Wirkungen haben.

Der Zucker-Blues

Ein weiterer großer Ernährungsfehler wird im Hinblick auf die mentale Gesundheit begangen, wenn zu viel Zucker konsumiert wird. Es ist kein Geheimnis, dass uns Zucker vorübergehend ein Gefühl der Euphorie verleihen kann. Doch dieser „Zucker-Kick“ hat auch seine Kehrseite. Nach dem kurzfristigen Energieschub kommt es oft zu einem starken Abfall des Blutzuckerspiegels, was zu Müdigkeit, Reizbarkeit und schlechter Stimmung führen kann. Ein stabiler Blutzuckerspiegel, durch eine ausgewogene Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten, hilft diese Achterbahnfahrt der Gefühle zu vermeiden.

Die psychologische Speisekarte: Wie Ernährung Einfluss auf verschiedene psychische Erkrankungen nimmt

Nun bleibt zuletzt noch die Frage offen: Gibt es bestimmte Lebensmittel, die besonders bei gewissen psychischen Erkrankungen helfen?

Depressionen:

Eine ausgewogene Ernährung spielt eine entscheidende Rolle im Umgang mit Depressionen. Omega-3-Fettsäuren, die in Fisch, Leinsamen und Walnüssen vorkommen, haben nachweislich positive Auswirkungen auf die Stimmung und können die Symptome lindern. Zudem sind B-Vitamine, insbesondere Folsäure und Vitamin B12, essenziell für die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin, die ebenfalls für unseren Gemütszustand verantwortlich sind.

Angststörungen:

Auch Menschen, die an Angststörungen leiden, können von einer gezielten Ernährung profitieren. Magnesium, welches in Nüssen, Samen und grünem Blattgemüse enthalten ist, wirkt beruhigend auf das Nervensystem und kann die Symptome von Angst lindern. Darüber hinaus wird geraten Omega-3-Fettsäuren und komplexe Kohlenhydrate in den Speiseplan einzubauen.

Zwangsstörungen:

Stress ist ein häufiger Auslöser für Zwangsgedanken und -handlungen. Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten, wie Omega-3-Fettsäuren und B-Vitaminen können zur Stressbewältigung beitragen und halten den Blutzuckerspiegel konstant. Zudem neigen Betroffene oft dazu, aufgrund ihrer Symptome, bestimmte Nahrungsmittelgruppen zu meiden oder Essgewohnheiten zu verändern. Ein folgender Mangel an bestimmten Nährstoffen, wie Vitaminen und Mineralstoffen, kann die Funktion des Gehirns beeinträchtigen und die Zwangssymptome verstärken. Einige Menschen mit diesem Störungsbild können jedoch auch bestimmte Nahrungsmittel, wie Koffein oder Allergene, als Auslöser für ihre Beschwerden identifizieren.

ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung):

Eine ausgewogene Ernährung kann auch bei ADHS eine wichtige Rolle spielen. Die bereits beschriebenen Omega-3-Fettsäuren haben nachweislich positive Auswirkungen auf die Konzentration und Aufmerksamkeit. Zudem sind B-Vitamine und Proteine essenziell für die Funktion des Nervensystems und unterstützen die kognitive Leistungsfähigkeit.

Schlafstörungen:

Eine gesunde Ernährung wirkt sich deutlich auf die Schlafqualität aus. Lebensmittel wie Bananen, Nüsse und Vollkornprodukte, die reich an Tryptophan sind, einem Vorläufer von Serotonin, können die Produktion von Schlafhormonen fördern.

Schizophrenie:

Schizophrenie wird oft mit oxidativem Stress in Verbindung gebracht. Antioxidantien, die beispielsweise in Beeren, Spinat und Artischocken vorkommen, können dazu beitragen die Zellen vor schädlichen freien Radikalen zu schützen. Ebenfalls spielt Folsäure, welche in Lebensmitteln wie Blattgemüse, Hülsenfrüchte und Avocado vorhanden ist, eine wichtige Rolle bei der Methylierung und nimmt Einfluss auf neurologische Prozesse. Weiterhin sind Proteine, vorhanden in Fisch, Fleisch und Hülsenfrüchten, Bausteine für Neurotransmitter, die für die Signalübertragung im Gehirn wichtig sind.

Suchterkrankungen:

Viele Menschen mit Suchterkrankungen leiden unter einem Nährstoffmangel aufgrund von unzureichender Nahrungsaufnahme oder einer schlechten Ernährungsqualität. Einige Suchtmittel, insbesondere Alkohol, können zudem den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Regelmäßige Mahlzeiten helfen starke Blutzuckerschwankungen zu reduzieren und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress zu erhöhen. Vielen Betroffenen fällt gerade diese Regelmäßigkeit schwer, da Entzugssymptome den Appetit beeinflussen. Es gibt deswegen gerade in der Genesungsphase ein Risiko ein gestörtes Essverhalten zu entwickeln.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine ausgewogene Ernährung allein keine Behandlung von psychischen Erkrankungen ermöglicht. Sie sollte immer als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes betrachtet werden, der auch andere Therapiemöglichkeiten, wie Psychotherapie und Medikation, einschließt. Es ist ratsam bei psychischen Erkrankungen immer einen Facharzt oder Therapeuten zu konsultieren, um die bestmögliche Behandlung zu erhalten.

Quellenangaben
  • Diedrichsen, I. (2013). Ernährungspsychologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg.
  • Foote, A. (2023). Ernährung für mentale Gesundheit – kompakt: Wie Nahrungsmittel die Psyche stärken. Riva Verlag, München.
  • Naidoo, U. (2021). Ernährung für die Psyche: Richtig essen für seelisches Wohlbefinden. Riva Verlag, München.
  • Renneberg, B. & Hammelstein, P. (2006). Gesundheitspsychologie. Springer Verlag, Heidelberg.
Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether ist renommierter Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bei dem stets der Mensch im Mittelpunkt steht: Dank seiner individuell abgestimmten, ganzheitlichen Behandlungspläne verbessert und personalisiert er die psychiatrische Versorgung kontinuierlich. Seine umfassende Expertise in der psychotherapeutischen und medikamentengestützten Behandlung erlangte er durch sein Studium der Humanmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, spezialisierte Weiterbildungen sowie seine langjährige Erfahrung in führenden Positionen. Seit 2019 ist Dr. med. Brolund-Spaether als Chefarzt und seit 2023 als Ärztlicher Direktor der LIMES Schlosskliniken AG tätig. 2024 trat er unserem Vorstand bei.

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