Schlafen Sie gut? Ursache und Vorbeugung von Schlafproblemen

Wenn Sie diese Frage mit einem leicht verzweifelten NEIN beantworten… Dann sind Sie nicht allein! Jeder fünfte Deutsche leidet unter Schlafstörungen, Einschlaf- und Durchschlafproblemen, Albträumen, nächtlichem Herumwälzen, Gedankenkreisen, dunklen Ringen unter den Augen und einem Knautschgesicht am nächsten Morgen – täglich oder eher gesagt nächtlich grüßt das Murmeltier.

Psychische Belastungen und Schlafprobleme

Schlafprobleme sind weit verbreitet und können eine eigenständige Krankheit sein, ohne dass sonstige Beschwerden vorliegen (Riemann et al., 2015). Nach einem Bericht des Robert-Koch Instituts leiden rund 25% der Erwachsenen unter Schlafstörungen. Über die gesamte Lebensspanne schwanken die Zahlen von 12–35%. Die Auslöser für Schlafprobleme können vielfältig sein. Eine sorgfältige Untersuchung beim Hausarzt kann körperliche Ursachen, wie z.B. Schilddrüsen- oder Nierenerkrankungen, aufklären und feststellen. Liegen keine körperlichen Erkrankungen vor, kann es auch vorkommen, dass die Gründe für die Schlafprobleme in der Psyche liegen. Bei psychischen Erkrankungen können Schlafprobleme als häufiges Begleitphänomen auftreten.

Bei Depressionen gehören Schlafprobleme im Sinne von vermehrtem oder vermindertem Schlaf sogar zu den Diagnosekriterien (vgl. ICD-10). Es entspricht dem gängigen Klischee über Depressionen, dass die Betroffenen den ganzen Tag im Bett liegen, schlafen und sich zu nichts aufraffen können.

Schlafproblem ist nicht gleich Schlafproblem

Von außen betrachtet ist das in manchen Fällen sicherlich so, aber der Zusammenhang zwischen Schlafverhalten und Depressionen ist vielfältig. Mit großer Sicherheit handelt es sich bei Betroffenen, die einen erhöhten Schlafbedarf haben, nicht um einen erholsamen und entspannten Schlaf! Der Schlaf ist eher eine Flucht vor der harten Realität dieser ernstzunehmenden Erkrankung. Die Beschäftigung mit grundlegenden Problemen wird vermieden und eine bleierne Müdigkeit verhindert gesundheitsförderliche Aktivitäten wie beispielsweise Sport und Fitness.

Manche können allerdings auch überhaupt nicht schlafen, wie unter anderem an Depressionen erkrankte Personen, da der Geist ständig grübelt und sich in Endlosschleifen verfängt. An Einschlafen ist dann nicht zu denken und Betroffene quälen sich stundenlang durch die Nacht. Ein weiteres belastendes Schlafphänomen bei Depressionen oder psychischen Erschöpfungszuständen ist das Früherwachen.

Typische Kennzeichen für das Früherwachen sind:

  • Bereits vor dem Weckerklingeln wach sein
  • Sich herumwälzen
  • Grauen vor dem kommenden Tag zu haben

Schlaf als wichtige Ressource und Warnzeichen

Außenstehende würden jetzt vielleicht raten, aufzustehen und das Bett zu verlassen und in den Tag zu starten. Wäre da nicht das fiese Morgentief, dass die Betroffenen durch schlechte Stimmung, Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit ans Bett fesselt. Bei anderen psychischen Erkrankungen wie bipolaren Störungen oder Schizophrenie können Schlafstörungen darauf hindeuten, dass sich eine manische oder wahnhafte Episode anbahnt. Manchmal sind Schlafstörungen auch ein Auslöser für Suchterkrankungen wie beispielsweise Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit.

Generell sollte man bei psychischen Belastungen auf das Schlafverhalten und die Schlafqualität achten. Nicht nur, um genug Ressourcen für die Genesung zu haben, sondern auch als Warnzeichen, wenn es zu einer Verschlechterung der Symptomatik kommt. Ab und an wird in der Behandlung von psychischen Krankheiten eine Veränderung des Schlafes als Therapiemethode genutzt. Es klingt paradox, aber ein absichtlicher Schlafentzug in der zweiten Nachthälfte kann die Stimmung am Folgetag nachweislich verbessern und fördert die Schlafqualität in den folgenden Nächten. Dieser Online-Artikel liefert hierzu weitere Hintergrundinformationen.

Schlafhygiene: Tipps zur Vorbeugung von Schlafproblemen

Hygiene hat in diesem Fall nichts mit Keimfreiheit zutun, sondern mit Gewohnheiten und Maßnahmen, die für einen gesunden Schlaf sorgen und Schlafproblemen vorbeugen. Die folgenden Tipps zur Schlafhygiene können dabei helfen, dass das Bett wieder zu einer Oase der Ruhe wird.

Erlaubt ist was gut tut

Zunächst ist es wichtig, einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus zu finden. Tagsüber sollte das Bett gemieden werden, damit der Kopf das Bett wirklich nur mit Schlafen verknüpft. Ein abwechslungsreicher Tag mit frischer Luft und Bewegung hilft, am Abend zur Ruhe finden zu können. Denn Tageslicht sorgt dafür, dass die Produktion des Schlafhormons Melatonin gestoppt wird. Am Abend wird die Produktion dann automatisch durch die Dunkelheit wieder angeregt. Wohltuende Abendrituale bereiten auf die Nacht vor:

  • In einem Roman schmökern
  • Ein Hörbuch hören
  • Eine Tasse schlaffördernder Kräutertee trinken
  • Entspannungsübungen

All das kann uns beim Einschlafen helfen. Es gibt also eine Vielzahl an Möglichkeiten für einen erholsameren Schlaf, deren Wirksamkeit jedoch bei jedermann anders ist. Der Kreativität ist daher keinerlei Grenzen gesetzt. Wichtig ist nur, nicht den Blick für das wesentliche zu verlieren, sodass aus dem wohltuenden Abendritual kein regelrechtes Powerprogramm wird.

Finger weg!

Vorsicht bei künstlicher Beleuchtung durch Handy & Co: Das blaue Licht, das die Geräte ausstrahlen, kann den Schlaf empfindlich stören. Manche Geräte lassen sich in den Nachtmodus stellen, in dem das Licht weniger störend ist. Auch späte und zu reichhaltige Mahlzeiten können uns um den Schlaf bringen, da der Körper dann mit der Verdauung überfordert ist. Vorsicht ist auch bei Alkohol und Nikotin geboten, da beide Stoffe anregend auf unseren Organismus wirken und Schlafprobleme verstärken können. Ganz grundlegend ist darauf zu achten, dass die Bedingungen im Schlafzimmer stimmen: eine angenehme Temperatur, Stille und Dunkelheit sind dabei förderlich. Oropax und Schlafbrille sind nützliche Helferlein, wenn die Voraussetzungen nicht ganz stimmen.

Bei häufigem nächtlichen Aufwachen sollte man vor allen Dingen den Blick auf die Uhr vermeiden, um sich nicht weiter unter Druck zu setzen. Auch helles Licht sollte ausgeschaltet bleiben. Schlafmittel dürfen aufgrund der hohen Suchtgefahr nur unter Absprache mit dem behandelnden Arzt eingenommen werden. Auch manche Antidepressiva wirken schlafanstoßend und können bei der Behandlung von Schlafstörungen eingesetzt werden. Jedoch besteht auch hier die dringliche Notwendigkeit einer ärztlichen Aufsicht. Eine Übersicht verschiedener Maßnahmen bei Schlafstörungen finden Sie im Buch von Müller & Paterok zum Thema Schlaftraining.

Frisch in den neuen Tag

Zur Schlafqualität gehört natürlich auch das Aufstehen am Morgen. Das fällt den meisten Menschen nicht leicht, aber bei psychischen Erkrankungen ist die scherzhaft betitelte Bettanziehungskraft oft extrem. Nicht einmal unbedingt, weil das Bett so gemütlich ist, sondern weil oft der Antrieb fehlt, in einen neuen Tag zu starten. Die Schlafprobleme in der Nacht beeinflussen oft den kompletten Verlauf des nächsten Tages.

Nur wie kann man das Morgentief überlisten?

Die Aussicht auf ein leckeres und gesundes Frühstück oder Verabredungen zu angenehmen Aktivitäten können helfen. Außerdem kann der Gedanke, dass ein strukturierter Tagesablauf dabei hilft, die psychische Erkrankung zu überwinden, motivierend wirken. Wenn die psychische Erkrankung dann abklingt, normalisieren sich die Schlafprobleme häufig ebenfalls. Wie bereits angedeutet können Schlafprobleme aber ein Zeichen für ein Wiederauftreten der Symptome oder einer zu hohen Stressbelastung sein und sollten daher ernst genommen werden.

Zum Schluss sei gesagt, wir Menschen verschlafen fast die Hälfte unseres Lebens und das aus gutem Grund. Körper und Geist benötigen die nächtliche Ruhe zur Erholung und zum Kräftesammeln. Mit unseren Tipps und Tricks können wir Ihnen hoffentlich ein wenig zum Schlaf verhelfen, sodass der neue Tag voller Energie angegangen werden kann. In diesem Sinne: Schlafen Sie gut!

Quellenangaben

(1) Dilling, H., & Freyberger, H. J. (2012). Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. Bern (Huber).

(2) Penzel, T., Peter, J. H., Peter, H., Becker, H. F., Fietze, I., Fischer, J., … & Schäfer, T. (2005). Themenheft 27″ Schlafstörungen“.

(3) Riemann, D., Morin, C. M., & Reynolds, C. F. (2015). Das Kapitel Schlafstörungen im DSM-V–ein Zwischenbericht. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie.

Friederike Reuver
Autor:in Friederike Reuver
"Die LIMES Schlosskliniken haben sich auf die Behandlung von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen spezialisiert. Mit Hilfe des Blogs möchten wir als Klinikgruppe die verschiedenen psychischen Erkrankungen näher beleuchten und verschiedene Therapien sowie aktuelle Themen vorstellen."

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