Diagnose Depression: Wie Partnern der Umgang mit der Krankheit gelingt

Eine Depression beeinträchtigt nicht nur den Alltag einer betroffenen Person, sondern hat auch Auswirkungen auf das gesamte Umfeld – besonders natürlich die Partnerschaft. Gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit und Antriebsmangel machen es nicht selten notwendig, dass der Partner immer mehr Aufgaben übernimmt und die eigenen Bedürfnisse hinten anstellt. Hält dieser Zustand länger an, macht sich häufig das Gefühl von Hilflosigkeit breit und es besteht Verunsicherung, wie am besten unterstützt werden kann.

Depressionen erkennen: Wichtige Anzeichen

Dass etwas mit dem Lebenspartner nicht stimmt, ist vielen schon sehr früh bewusst. Doch lässt sich gerade am Anfang einer Depression nicht genau zuordnen, ob es nur eine Phase oder wirklich schwerwiegende Erkrankung ist. Folgende drei Hauptkriterien kennzeichnen eine Depression:

  • Gedrückte Stimmung
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Antriebsmangel und schnelle Ermüdbarkeit

Belgleitet sein können diese von weiteren Symptomen wie:

  • Schlafstörungen
  • Schuldgefühle
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Niedrigem Selbstwertgefühl
  • Appetitverlust oder -steigerung
  • Suizidgedanken

Eine Diagnose kann offiziell gestellt werden wenn zwei der Hauptkriterien sowie zwei der weiteren Symptome über einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen gegeben sind.

Herausforderungen für die Partnerschaft

Es kann ganz schön belastend sein, wenn der sonst so lebensfrohe Partner auf einmal ständig niedergeschlagen ist und das Interesse an jeglichen Aktivitäten verliert, welche unter Umständen auch gemeinsam durchgeführt wurden. Besonders schmerzhaft ist es auch, wenn die betroffene Person mit der Zeit immer weniger Emotionen zeigt und es scheint, als wäre der Lebenspartner unwichtig geworden. Die Folgen sind große Verunsicherung, Trauer und Wut.

2018 führte die deutsche Depressionshilfe eine repräsentative Umfrage durch, die ebenfalls ergab, dass sich 84 Prozent der an Depressionen erkrankten Personen aus ihrem sozialen Umfeld zurückzogen und die Hälfte der Befragten negative Auswirkungen auf ihre Beziehung berichteten. Sie fühlten sich von ihrem Partner unverstanden, sind oft mit einer Reihe an Vorwürfe konfrontiert worden oder gerieten in Konflikte. Bei 45 Prozent kam es schlussendlich zu einer Trennung.

Es wird deutlich, wie komplex die Auswirkungen einer solchen Erkrankung sind und wie überfordert ein Partner mit einer solchen Situation sein kann. Es fällt oft sehr schwer das Verhalten der betroffenen Person nachzuvollziehen, die richtige Unterstützung zu bieten und sich dabei selber nicht völlig zu vernachlässigen. Ein solches ignorieren der Grenzen und Bedürfnisse können im schlimmsten Fall dazu führen, dass der zuvor gesunde Partner ebenfalls psychisch oder körperlich krank wird.

Den richtigen Umgang finden

Dass es nicht leicht ist eine an Depressionen erkrankte Person zu begleiten ist nicht zu leugnen. Dennoch gibt es einige Empfehlungen, die helfen mit dem Hilferuf und gleichzeitigen „Lass mich in Ruhe“ von Betroffenen umzugehen sowie zugleich für die eigene Gesundheit zu sorgen.

1) Wertfreies Zuhören und Anteilnahme

Oft besteht der Drang den erkrankten Partner zu besänftigen, zu sagen, dass alles gar nicht so schlimm ist und schon bald wieder besser wird. Genau das lässt die Betroffen sich meist nur noch unverstandener fühlen und weiter zurückziehen. Besser ist es einfach zuzuhören, Mitgefühl für die Emotionen des Partners zu zeigen, zu kommunizieren, dass man den Partner ernst nimmt, da ist und ihn mit seinem Leid wahrnimmt. Auch wenn sich die erkrankte Person stark zurückzieht und Gespräche ablehnt, empfiehlt es sich immer wieder zu signalisieren, dass die Person einem wichtig ist und jederzeit miteinander gesprochen werden kann.

2) Geregelten Tagesablauf schaffen

Gerade das fällt depressiven Personen so schwer und kann eine große Stütze sein. Viele kommen gar nicht erst aus dem Bett. Die Strukturen sollten nicht zu straff sein, aber vielleicht gibt es Möglichkeiten für gemeinsames Aufstehen, geregelte Mahlzeiten, Spaziergänge, feste Zeitpunkte für Gespräche oder auch einfach nur das stille Beisammensein bei einem Film auf der Couch.

3) Eigene Grenzen wahrnehmen

Wie bereits deutlich geworden ist braucht es auch als nicht betroffener Partner viel Kraft und Geduld. Nicht selten werden durch die Erkrankung des Partners der Job, eigene Hobbys oder soziale Kontakte vernachlässigt, was dann schnell zu einer eigenen Erkrankung führen kann. Viele kommen sich egoistisch vor, wenn sie sich ebenfalls Raum nehmen, jedoch kann dem erkrankten Partner nur geholfen werden wenn auch die eigenen Ressourcen gefüllt sind. Der unterstützende Part in der Beziehung sollte also ebenso offen über seine Gefühle sprechen und kommunizieren, wenn er mal Zeit für sich braucht. Auch Ärger über die erkrankte Person kann zeitweise normal sein und sollte nicht zu einem schlechten Gewissen führen.

4) Hilfe organisieren

Es ist irrsinnig zu glauben dem Partner alleine aus der Situation helfen zu können oder nur zu zweit alles stemmen zu können. Hierfür gibt es eine Vielzahl an professionellen Hilfsangeboten. Ob es eine Selbsthilfegruppe ist, eine ambulante Psychotherapie oder sogar ein stationärer Klinikaufenthalt. Unterstützen kann man ebenfalls, wenn man den ersten Impuls gibt, einen Anruf übernimmt oder bei Terminen außer Haus als Begleitung dabei ist. Doch Vorsicht dem Partner alles abzunehmen! Wenn er etwas selber schafft erhöht das den Selbstwert und gibt ihm das Gefühl Kontrolle über sein Leben zu haben. Im Rahmen einer Therapie können auch Sitzungen als Paar sinnvoll sein um die neue Situation zu verstehen und einen guten Umgang damit zu finden.

5) Austausch mit anderen

Nicht nur der Betroffene kann sich Hilfe holen, auch die Partner sollten das tun. Hierfür gibt es eigene Selbsthilfegruppen oder vielleicht tut es auch einfach gut, wenn Familie und Freunde zuhören.

Das sollten Sie als Partner unbedingt vermeiden

Wie bereits erwähnt kann die Beziehung mit einer an Depressionen erkrankten Person sehr fordernd sein und es sollte sich immer wieder bewusst gemacht machen, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt und keineswegs den Böswillen eines Betroffenen. Partner sollten aus diesem Grund Gedanken, Ängste und Sorgen des Partners auf keinen Fall bagatellisieren und auf folgende Aussagen, die in einem Moment der Überforderung leicht mal rausrutschen können, verzichten:

  • „Reiß dich jetzt mal zusammen.“
  • „Deine schlechte Laune zieht mich auch mit runter.“
  • „Du besitzt doch eigentlich alles um glücklich zu sein.“
  • „Mehr Bewegung würde dir gut tun.“
  • „Das wird schon wieder.“
  • „Immerhin bist du körperlich gesund.“

Genau solche Äußerungen von nahestehenden Personen lassen Betroffene sich noch schlechter fühlen, fördern einen weiteren Rückzug und schwächen das Vertrauen.

Achtung bei Suizidgedanken!

Sollte ihr Partner Suizidgedanken äußern oder der Verdacht bestehen, dass er welche haben könnte, sollten sie umgehend handeln! Es ist nicht wahr, dass Personen die über solche Gedanken sprechen, sie nicht in die Tat umsetzen. Weitere Warnsignale sind auch: Das Ordnen der eigenen Angelegenheiten, Verabschieden von Personen oder Weggeben von Wertgegenständen.

Was sie in dem Fall tun können:

Äußern sie ihre Sorgen, nehmen sie ihren Partner ernst und lassen ihn keinesfalls alleine.

Hilfe holen: In Akutfällen bringen sie ihren Partner zum Arzt oder rufen sie den Rettungsdienst unter der 112.

Der wohl mutmachenste Blick ist der nach vorne – eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die viel abverlangt, jedoch gut behandelbar ist. Machen sie sich unbedingt bewusst, dass sie als Paar noch stärker aus dieser Krise herausgehen können und der betroffene Partner immer viel mehr als seine Depression sein ist.

Quellenangaben
  • Bischkopf, Jeannette: So nah und doch so fern. Mit depressiv erkrankten Menschen leben. Köln, 2019.
  • Borst, Ulrike: Leben mit einem depressiven Partner. Ostfildern, 2019.
  • Hautzinger, Martin: Ratgeber Depression: Informationen für Betroffene und Angehörige. Göttingen, 2018.
  • Hutterer, Christine & Rummel-Kluge, Christine: Depression. Das Richtige tun. Ein Ratgeber für Angehörige und Freunde. Berlin, 2020.

Kategorien: Depressionen

Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether ist renommierter Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bei dem stets der Mensch im Mittelpunkt steht: Dank seiner individuell abgestimmten, ganzheitlichen Behandlungspläne verbessert und personalisiert er die psychiatrische Versorgung kontinuierlich. Seine umfassende Expertise in der psychotherapeutischen und medikamentengestützten Behandlung erlangte er durch sein Studium der Humanmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, spezialisierte Weiterbildungen sowie seine langjährige Erfahrung in führenden Positionen. Seit 2019 ist Dr. med. Brolund-Spaether als Chefarzt und seit 2023 als Ärztlicher Direktor der LIMES Schlosskliniken AG tätig. 2024 trat er unserem Vorstand bei.

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