Die Gefahr der pathologischen Glücksspielsucht – oder kurz gesagt Spielsucht – birgt häufig eine unterschätzte Gefahr. Dabei verlieren Betroffene bei dieser Sucht mehr als nur Geld. Die Sucht zerstört auf lange Sicht Existenzen und befeuert innere und äußere Konflikte. Nicht selten führt die Sucht zur kompletten Isolation. Somit ist pathologisches Glücksspiel eine psychische Erkrankung, deren Folgen desaströs für das Leben vieler Menschen sind. Die offiziellen Zahlen sprechen von etwa 200.000 Spielsüchtigen in Deutschland. Es ist jedoch von einer enormen Dunkelziffer auszugehen (Erbas & Buchner, 2012).
Wer bei Spielsucht an klassische Glücksspiele wie Roulette oder Poker im glamourösen Kasino denkt, liegt in den meisten Fällen falsch. Heutzutage ist es vielmehr die Sucht nach Glücksspielautomaten, Online-Glücksspiel oder Sportwetten, an der Menschen erkranken. Diese Arten von Glücksspiel sind besonders leicht zugänglich und haben dadurch eine hohe Suchtgefahr.
Exkurs: Die Spielsucht zählt zu den Verhaltenssüchten. Diese wirken im Vergleich zu stoffgebundenen Süchten, wie zum Beispiel Drogen- oder Alkoholsucht, weniger angsteinflößend. Das liegt unter anderem daran, dass verhaltensbezogene Suchterkrankungen in den Medien, der Forschung und in der Prävention nicht annähernd so präsent sind wie Substanzsüchte.
Glücksspielautomaten: Spielsucht ist das Ziel
Die blinkenden, bunten und geräuschvollen Automaten sind attraktiv, verführerisch und versprechen schnelle Gewinne. Gewinne und Verluste finden in absurd schneller Folge statt, sodass der rationale Verstand kaum noch hinterherkommen kann. Spielende befinden sich in einen Spielrausch und merken in diesem Tunnel überhaupt nicht, wie die Zeit vergeht und das Geld schwindet. Fatalerweise bleiben Gewinne besser im Gedächtnis und triggern das Belohnungszentrum. Das Wohlgefühl des Gewinns, der Nervenkitzel, der Rausch, die Ablenkung: Diese Gefühle wollen Spielende immer wieder erleben. Der Teufelskreis der Sucht hat begonnen.
Kennzeichen der Spielsucht
Eine Spielsucht ist eine Sucht im Verborgenen. Anders als substanzbezogene Süchte wie Drogen- oder Alkoholsucht, können Betroffene ihre Spielsucht oft lange geheim halten. Nichtdestotrotz ist der Alltag von der Spielsucht durchzogen. Die andauernde Jagd nach dem Glücksgefühl des Gewinns bleibt nicht ohne Konsequenzen:
Doch wie kommt es überhaupt zur Spielsucht? Neben den ausgeklügelten Marketingstrategien der Glücksspielbranche spielen hier auch psychologische Mechanismen eine Rolle.
Exkurs: Menschen sind unterschiedlich anfällig für die Gefahr der Spielsucht. Dies hängt u.a. mit Persönlichkeitseigenschaften, der Gehirnstruktur und der Selbstkontrollfähigkeit zusammen. So sind Menschen, die Aufregung und Spannung suchen (auch „sensation seeking“ genannt), besonders empfänglich für die schnelle Abfolge an Reizen bei Glücksspielautomaten.
Psychologische Entstehung der Spielsucht Zum einen dient das Spielen (scheinbar) der Problemlösung: Das Spielen führt zu Entspannung und hilft dabei, innere Konflikte zu verdrängen. Viele Spielsüchtige haben nicht gelernt, mit eigenen Problemen konstruktiv umzugehen und greifen daher auf eine sogenannte dysfunktionale Lösungsstrategie, in diesem Falle die Sucht, zurück. Zum anderen spielen komplexe Lern- und Verstärkungsmechanismen eine wichtige Rolle. Einer dieser Mechanismen ist, dass das Gehirn in unregelmäßigen Abständen Belohnungs- und Glücksgefühl bei Gewinnen erfährt (intermittierende Verstärkung). Das Spielverhalten, also das Bespielen der Automaten oder das Wetten, wird so immer öfter gezeigt, da es dieses Gefühl verspricht.
Exkurs: Süchte lassen das Gehirn abstumpfen. Das heißt, Süchtige werden immer weniger empfänglich für andere, natürlich erzeugte Glücksgefühle. Zudem brauchen sie im Sinne einer Toleranzentwicklung immer mehr von ihrem Suchtmittel.
Spielsucht ist, wie alle anderen Süchte, behandelbar. Hierzu benötigt es professionelle Unterstützung in Form von ambulanter oder stationärer Psychotherapie. Die Therapie zielt auf Spiel-Abstinenz, also ein spielfreies Leben. Hierzu müssen tiefliegende Problematiken und innere Konflikte erkannt und bearbeitet werden. Es werden neue Bewältigungsstrategien bei Stress und emotionalem Druck erlernt, die eine Alternative zum Spielen darstellen. Die Spielsüchtigen legen zudem einen Notfallkoffer mit Methoden und Strategien an, die sie bei aufkommendem Spieldruck anwenden können. Natürliche Glücksgefühle, auch „natural highs“ genannt, sollen in der Therapie wieder erfahren werden und fest im Alltag etabliert werden.
Leider gehen Spielsucht auch ihre Behandlung immer noch mit Tabuisierung und Stigmatisierung einher. Dabei ist professionelle Hilfe der Meilenstein auf dem Weg zurück in ein spielfreies, selbstbestimmtes Leben!