von Dr. Gerhard Hofweber
Die Beiträge zur Philosophie der psychischen Gesundheit reflektieren unser Gefühlsleben, seine Störungen und seine Ordnung aus einer philosophischen Perspektive heraus. Die philosophische Betrachtung eröffnet neue Blickwinkel, lädt uns ein, bekannte Dinge neu zu betrachten und somit uns und die Welt neu kennen zu lernen.
Sie kann einen therapeutischen Prozess nicht ersetzen, aber sehr wohl unterstützen und damit sehr hilfreich für Ihren individuellen Erkenntnis- und Genesungsprozess sein.
Im letzten Beitrag zur Philosophie der psychischen Gesundheit sind wir auf den fundamentalen Punkt gestoßen, dass es verschiedene Formen der Versöhnung mit der Vergangenheit gibt. Dies zu begreifen ist essentiell wichtig, denn genau die Mechanismen und Gesetze, welche für die eine Form der Versöhnung gelten, sind bei der anderen Form der Versöhnung gerade kontraproduktiv.
Wir hatten drei Kategorien unterschieden: Opfer, Täter und Partner. Dies sind die drei Formen, in welchen tiefe Verletzungen möglich sind. Je nachdem in welche Kategorie ich selbst falle, muss ich bei der Versöhnung anders vorgehen.
Diese drei Kategorien kommen durch das hierarchische Verhältnis der Personen zueinander zustande: Der Täter steht hierarchisch über dem Opfer und kann es gegen seinen Willen verletzen; das Opfer steht hierarchisch unter dem Opfer und wird durch diesen gegen seinen Willen verletzt; die Partner stehen hierarchisch auf derselben Stufe, da beide freiwillig die Beziehung eingehen und sich somit keiner von beiden grundsätzlich gegen den Willen des anderen durchsetzen kann, weil dieser jederzeit die Beziehung verlassen kann.
Zu diesen drei Kategorien korrespondieren dementsprechend die drei Formen der Versöhnung mit der Vergangenheit. Dies bedeutet, dass ich meine Vergangenheit ganz anders aufarbeiten muss, je nachdem, ob ich Opfer, Täter oder Partner war. Dabei ist es wichtig zu sehen, dass auf jeden von uns alle drei Kategorien zutreffen können. Jeder kann Opfer geworden, Täter gewesen oder Partner sein. Die drei Kategorien schließen sich auch nicht gegenseitig aus: In einer Hinsicht kann ich Opfer geworden in einer anderen Täter gewesen sein.
Wenn ich aber die Versöhnung mit meiner Vergangenheit suche, dann muss ich mich immer innerhalb derjenigen Kategorie bewegen, welche denjenigen Schmerz ausgelöst hat, welchen ich heilen will.
Bei den hierarchischen Verhältnissen sind besonders die natürlichen Hierarchien von Bedeutung. Diese sind solche, in welchen von Natur aus ein hierarchisches Verhältnis gegeben ist. Dies ist der Fall bei den Eltern und Kindern und bei den Partnern. Denn im Familienverhältnis stehen die Eltern grundsätzlich über den Kindern und die Partner grundsätzlich auf derselben Stufe. Dies sind übrigens Gedanken, die nicht erst in neuerer Zeit in der Psychologie gedacht worden sind, sondern bereits in der Antike erkannt wurden. Aristoteles bespricht die natürlichen hierarchischen Verhältnisse ausführlich in seiner Nikomachischen Ethik. Denn Gleichzeitig sind die Verletzungen, welche auf den natürlichen hierarchischen Verhältnissen beruhen, mit die tiefsten und die Versöhnung fällt deshalb oftmals besonders schwer.
Ich möchte dies einmal am Beispiel der Depression zeigen. Dabei möchte ich den Augenmerk vor allem darauf richten, wie eine Depression durch eine Störung des natürlichen hierarchischen Verhältnisses zwischen Eltern und Kindern entstehen kann. Besonders wichtig ist es mir dabei dasjenige in den Blick zu bekommen, was ich die immanente Logik der Depression nenne. Damit meine ich eine logische Struktur, welche in jeder Depression eine Rolle spielt. Sie ist der Krankheit immanent und von dieser nicht zu trennen. Für den Patienten ist es sehr wichtig, diese Logik zu begreifen und in sich selbst zu entdecken. Denn die Krankheit und ihre immanente Logik wirken auch dann, wenn ich nichts davon verstehe oder diese gar nicht auf mich beziehe. Die physiologischen Aspekte der Depression nehme ich dabei nicht in den Blick. Die Rolle der Neurotransmitter Serotonin, Dopamin und Noradrenalin spielen bei der Depression sicherlich eine große Rolle, aber diese ist Gegenstand der Psychiatrie und der medizinischen Forschung.
Wir aber betrachten die Depression aus einer philosophisch-psychologischen Perspektive.
Die immanente Logik der Depression
Dies ist die immanente Logik der Depression! Das Erstaunliche dabei ist, dass dieser Gedanke in sich vollkommen stimmig ist, auch wenn er an sich falsch ist. Denn wenn es richtig wäre, dass ich mit all meinem Handeln nichts bewirken könnte, dann kann ich es in der Tat auch lassen. Der Grundsatz ist zwar falsch, denn mein Handeln bewirkt sehr wohl eine Veränderung, aber dieser Gedanke ist dem an Depression Erkrankten nicht zugänglich.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine riesige, massive Mauer einreißen, eine Mauer, mächtig wie die chinesische Mauer, und Ihr einziges Werkzeug ist ein Besen. Sie klopfen also mit dem Besen gegen die Mauer: nichts passiert. Sie klopfen stärker. Sie legen Ihr ganzes Gewicht in Ihre Schläge und Sie versuchen so die Mauer einzureißen. Das Ergebnis: nichts passiert. Jetzt sind Sie entschlossen durchzuhalten. Sie schlagen länger und immer, immer wieder gegen die Mauer. Sie halten lange durch, geben nicht auf und lassen sich nicht entmutigen. So geht es einige Jahre. Nach diesen Jahren halten Sie inne und blicken auf die Mauer. Sie steht unverändert, nicht einmal beschädigt, unverrückbar vor Ihnen und all Ihre Anstrengung über die vielen Jahre hat überhaupt nichts gebracht. Was ist dann die logische Reaktion? Sie stellen Ihre Bemühungen ein. All Ihr Aufwand hat nichts gebracht. Warum sich also weiter anstrengen und abarbeiten? Es würde eh nichts bringen. Also können Sie es auch lassen. Ungefähr so kann man sich die innere Seelenlage eines Menschen vorstellen, welcher an Depression erkrankt ist.
Wenn wir in dem obigen Bild bleiben wollen, sehen wir sofort, dass die üblichen Beschwichtigungen und Ermutigungen, welche bei einem gesunden Menschen durchaus ihre Berechtigung haben, hier vollkommen unangebracht sind.
Was soll ein Mensch mit der beschriebenen Erfahrung vor der chinesischen Mauer mit Sätzen anfangen wie: ‚Kopf hoch! Morgen ist auch noch ein Tag!‘;
‚Nimm das nicht so theatralisch! Vielleicht versuchst Du es einmal mit einem neuen Besen?‘; ‚Versuch einfach das Positive darin zu sehen. Jede negative Erfahrung ist wichtig, weil sich Dich zu dem macht, der Du bist!’.
Aus dieser Perspektive und mit diesem Ansatz, gibt es keine Lösung. Dies ist aber auch weder die Perspektive noch der Ansatz, welchen Sie von einem erfahrenen Therapeuten oder kompetenten Psychiater hören würden. Denn diese wissen genau, dass der Ausweg in etwas ganz anderem gesucht werden muss, als in gut gemeinten Ratschlägen.
Der Ansatz muss dort gesucht werden, wo das Bild der chinesischen Mauer und der eigenen Hilflosigkeit ihr gegenüber entstanden ist. Denn dieses Bild ist falsch! Es ist das Resultat einer verborgenen Leidensgeschichte, welche aufgehellt werden muss. Fällt dann das Licht auf meine je eigene Leidensgeschichte in der Art, dass ich nach und nach die Wahrheit, zunächst nur schemenhaft, dann immer deutlicher, erkennen kann, so wir mir bewusst, dass ich nicht hilflos bin und dass die unüberwindliche Mauer nur in meiner Vorstellung, nicht aber in Wirklichkeit existiert.
Zwischen der Wirklichkeit für mich und der Wirklichkeit an sich kann ein riesiger Unterschied liegen. Da Versöhnung immer in der Übereinstimmung mit der Wahrheit liegt, ist es ganz entscheidend, den Maßstab für das, was ich als Wahrheit anerkenne, nicht subjektiv bei mir zu suchen, sondern in der objektiven Wirklichkeit.
Dies bedeutet für jemanden, der von der Depression genest: Zu erkennen, dass sich der gesunde Mensch nicht hilflos und ohnmächtig fühlt. Er hat den Eindruck, dass sein Handeln wirksam ist und etwas in der Realität verändert. Problemen fühlt er sich gewachsen. Freilich kann sich auch der psychisch gesunde Mensch von bestimmten Problem überfordert fühlen und für den Moment keine Lösung wissen. Dies kann daran liegen, dass die Probleme wirklich übermenschlich und an sich nicht zu bewältigen sind. Dies ist aber die Ausnahme und kommt im normalen Leben nur sehr selten vor.
Häufig sind dagegen schwere Probleme, vor welche uns das Leben auch immer wieder in unserem Alltag stellt. Aber der gesunde Mensch wird deswegen nicht depressiv! Er geht die Probleme an und wird sie auf die ein oder andere Art lösen.
Jeder, welcher zu der Erkenntnis kommt, dass sein Handeln einen Unterschied ausmacht, wird für sich entscheiden, handeln zu wollen!
Ein Exkurs über Depression und Suizidalität
Bevor wir uns diesem Thema widmen, möchte ich nachdrücklich auf folgendes hinweisen: Falls Sie suizidale Gedanken haben oder sich lebensmüde fühlen: Bitte begeben Sie sich dringend in professionelle Behandlung! Sie treffen in den psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken auf Experten, welchen Sie sich offenbaren können und welche Sie verständnisvoll aufnehmen. Bitte geben Sie sich diese Chance!
Kehren wir nun zu unserem Gedankengang zurück! Wenn sich die Depression in der Ohnmacht, der Überforderung, dem Widerwillen gegen das Handeln, der Antriebslosigkeit und in dem gefühlten Verlust der Selbstwirksamkeit ausdrückt, wie ist es dann möglich, dass sich ein an Depression erkrankter Mensch suizidiert?
Ist jemand, der keine Wirksamkeit in seinem Handeln mehr sieht, lebensmüde?
Versuchen wir dies richtig einzuordnen. Denn man könnte selbstverständlich der Auffassung sein, dass der Suizid in gewisser Weise die logische Schlussfolgerung aus der Depression ist. Denn, so könnte man denken, wenn jemand keinen Sinn mehr im Handeln überhaupt sieht, dann wäre es durchaus folgerichtig, dass er überhaupt nicht mehr leben möchte und sich deshalb suizidiert. Denn es hat den Anschein, dass jemand, der nicht mehr handeln möchte, auch nicht mehr leben möchte. Leben drückt sich schließlich im Handeln aus.
Auch wenn dieser Gedanke folgerichtig erscheinen mag, so werden darin doch zwei wesentliche Punkte übersehen:
Wie können wir den Unterschied zwischen einer Handlungsmüdigkeit und einer Lebensmüdigkeit verstehen? Schließlich besteht Leben aus Handeln.
Der wesentliche Unterschied besteht im Bezug auf das Einzelne und das Ganze. Eine Handlungsmüdigkeit besteht darin, dass mir die einzelne
Handlung zu viel ist. Sie überfordert mich und es ist mir lieber, sie nicht zu tun. Dies ist auch für den psychisch Gesunden nachvollziehbar. Denn wer hat schon Lust, immer das zu tun, was gerade ansteht? Jeder kennt das Gefühl, bestimmte Dinge, welche uns unangenehm sind, auf morgen oder auf übermorgen zu verschieben, weil man eben jetzt, in diesem Moment, keine Lust darauf hat.
Der Unterschied zum an Depression Erkrankten besteht aber darin, dass er diese Handlung zeitnah, wenn auch mit Unlust, erledigt. Für den Erkrankten stellt sie dagegen eine grundsätzliche Überforderung da, welche für ihn unüberwindbar ist.
Dies gilt für ihn aber nicht nur für diese oder jene Handlung, sondern für fast alle anderen auch. Jede Handlung wird als Überforderung empfunden und es kostet ihn einen riesigen Kraftaufwand, selbst die einfachsten Dinge zu tun. Dies bezieht sich auch auf Dinge, welche der psychisch Gesunde nebenbei mit Selbstverständlichkeit tut, ohne dass er bemerkt, dass er hier überhaupt eine Handlung vollzieht. Einfaches Aufräumen, Zähneputzen, Einkaufen gehen etc. zählen zu solchen Handlungen.
Wenn wir uns nun vorstellen, dass sich für den an Depression erkrankten Menschen jede Handlung tendenziell wie eine Überforderung anfühlt, so bedeutet dies dennoch noch nicht, dass er lebensmüde ist. Denn die Lebensmüdigkeit bezieht sich auf das Leben als Ganzem. Das Ganze kommt aber nicht durch die Aufsummierung der einzelnen Teile zusammen, sondern es ist qualitativ noch einmal etwas anderes.
Aristoteles führt dies in seiner Schrift Metaphysik aus indem er dort sinngemäß sagt: ‚Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.‘. Genauer sagt er dort:
Dies bedeutet, dass es ein wesentlicher Unterschied ist, ob ich die Summe meiner möglichen Handlungen verneine, oder ob ich das Leben im Ganzen verneine. Das Ganze ist nämlich etwas anderes als die Summe seiner Teile.
Für die Depression bedeutet dies, dass zwar die Summe der möglichen Handlungen grundsätzlich verneint wird. Dies bedeutet aber nicht zugleich, dass das Leben im Ganzen verneint wird. Auch wenn ich jede Handlung im einzelnen verneine, so bedeutet dies nicht, dass ich das Leben im ganzen verneine.
Wir dürfen ja nicht vergessen, dass es ein großer Sprung vom Einzelnen auf das Ganze ist. Zunächst ist ja jede Handlung konkret. Ich stehe vor dieser oder jener Herausforderung, die ich annehmen oder ablehnen kann. Dabei kommt aber die Idee des Lebens im ganzen noch gar nicht in den Blick. Nur weil ich auf dieses und jenes keine Lust habe, heißt dies noch lange nicht, dass ich auf das Leben im ganzen keine Lust habe.
Die Depression führt also nicht automatisch zur Suizidalität, aber sie kann, wie wir wissen, dahin führen.
Hier noch einmal der Hinweis: Bitte holen Sie sich professionelle Hilfe, wenn Sie bei sich selbst suizidale Gedanken entdecken!
Es gibt aber noch eine weitere Schwierigkeit im Verständnis des Zusammenhangs von der Depression mit der Suizidalität. Denn es bedarf doch wohl eines riesigen Kraftakts für denjenigen, der sich das Leben nehmen möchte. Er braucht eine große Entschlossenheit und muss seine eigene Angst vor dem Tod überwinden. Der Antrieb in ihm muss sehr stark sein. Wie soll all dies aber für jemanden möglich sein, der an Depression erkrankt ist?
Denn alles für die Ausübung des Suizids nötig ist, fehlt ihm ja: Entschlossenheit, Kraft, Stärke, Zielorientiertheit und Willenskraft hat er ja gerade nicht. Woher soll also ein depressiver Mensch die Kraft nehmen, sein Leben zu beenden?
Dies scheint mir nicht leicht zu verstehen zu sein. Dennoch aber muss es wohl einen Weg geben, welcher der an Depression Erkrankte für sich findet. Denn nicht wenige depressive Menschen sind suizidal und einige setzen dies auch in die Tat um. In irgendeiner Weise muss es dem antriebs- und kraftlosen Menschen also gelingen, eine enorme Kraft aufzubringen – wenn auch bedauerlicherweise nur zum Negativen. Wie aber ist dies möglich?
Friedrich Nietzsche: Vom Nichtwollen zum Willen zum Nichts
Vielleicht finden wir eine Antwort auf diese Fragen, wenn wir uns dem Philosophen Friedrich Nietzsche zuwenden. Nietzsche war ja Nihilist und
‚nihil‘ bedeutet ‚nichts‘. Sein Grundgedanke jedoch war der Wille zur Macht. Darunter können wir versehen, dass es dem Willen inhärent ist, wirken zu wollen. Ein Wirkung beinhaltet aber, dass ich eine Kraft ausüben muss, um ein Wirkung zu evozieren. Damit der Wille dies vermag, braucht er ein Ziel. Wenn er ein klares Ziel hat, entfaltet er seine positivste Wirkung. Wenn das Ziel aber fehlt, wird es schwierig. Denn der Wille will wirken. Was also kann er tun? Zunächst kann er sich gegen sich selbst richten. Dies bedeutet, dass ich selbst Widerstände aufbaue, gegen die ich dann vorgehe. Denn sowohl der Widerstand, als auch das, wogegen ich diesen leiste, kosten Kraft.
Ein Beispiel dafür wäre die Absicht, abnehmen zu wollen. Denn einerseits leben wir in einer Gesellschaft, welche ein Übermaß an Lebensmitteln (wenn oftmals auch von minderer Qualität) ständig bereitstellt und so, kombiniert mit dem Bewegungsmangel, fast automatisch zum Übergewicht führt. Andererseits herrscht ein Schlankheitsideal, welches es außerhalb der Wohlstandsgesellschaften überhaupt nicht gibt. Was ist die Folge? Ich gerate in einen ständigen Kampf mit mir selbst, bin mal zufrieden, meist unzufrieden und selbst, wenn ich dann abgenommen habe, könnte es noch mehr sein und auch der Kampf darum, das Idealgewicht zu halten ist anstrengend. Genau darin äußert sich aber der Wille zur Macht: Wenn das Ziel fehlt, richtet er sich gegen sich selbst. Insofern wirkt er noch.
Was aber, wenn das Wollen insgesamt erschlafft? Wenn der Akt zu wollen als solcher zur Anstrengung geworden ist? Was soll der Wille dann tun? Denn eines kann er nicht: nicht wollen.
Nietzsche drückt die „Grundtatsache des menschlichen Willens“ so aus:
Da der Wille nicht Nichtwollen kann bleibt ihm Ende nur noch ein Ziel, nämlich das Wollen des Nichts. In dieser Weise erhält sich die inhärente Struktur des Willens und er verwirklicht sich in einem letzten Kraftakt, nämlich in dem Wollen des Nichts.
In Bezug auf den suizidalen an Depression erkrankten Menschen bedeutet dies, dass sein kraftloses Nichtwollen in einen letzten kraftvollen Akt umschlägt: Dem Wunsch, sein eigenes Leben zu beenden. Dies ist möglicherweise der Grund, warum ein an Depression erkrankter Mensch die Kraft für einen letzten Akt aufbringen kann.
Ein trauriger Ausweg, aber keine Lösung
Aber dies ist traurig und selbstverständlich keine Lösung. Es ist ein Ausweg, aber ein bedauernswerten Ausgang in das Nichts mit allen Konsequenzen für den Menschen selbst und für sein nächstes Umfeld.
Die Lösung liegt ganz woanders: Schritt für Schritt zu begreifen, dass mein Handeln einen Unterschied macht; zu erkennen, dass nur unter der Voraussetzung der falschen Grundsätze mein Handeln keine Wirkung zu haben scheint; zu begreifen, dass ich ein falsches Muster leidvoll gelernt habe und dass ich mich daraus befreien kann.
Dazu braucht es Entschlossenheit, Mut, Vertrauen, das richtige professionelle Umfeld und professionelle Begleitung. Bitte geben Sie sich niemals auf! Nehmen Sie die Hilfe in Anspruch, welche zur Verfügung steht. Geben Sie sich die Zeit, welche sie brauchen und versuchen Sie, milde zu sich selbst zu sein!
Wenn es also möglich ist, selbst die Verletzungen aus den natürlichen Hierarchien zu befreien, dann ist es deutlich leichter, die Verletzungen zu heilen, welche aus den funktionalen Hierarchien entstanden sind, wie wir im folgenden Beitrag zur Philosophie der psychischen Gesundheit sehen werden.
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