Long-Covid: Die Spätfolgen einer Corona-Infektion

Das Corona-Virus hält die Welt weiter in Atem. Die hochansteckende Delta-Variante und die noch nicht ausreichende Impfquote lassen die Infektionszahlen erneut in die Höhe schnellen. Mit den Infizierten steigt die Anzahl an Patienten, die nach Abklingen der Akutphase unter Spätfolgen leiden. Die Spätfolgen einer Corona-Infektion äußern sich in körperlichen und psychischen Symptomen und werden als Long-Covid bezeichnet. Long-Covid erfordert eine individuelle und ganzheitliche Behandlung. Die LIMES Schlosskliniken haben sich auf diese psychosomatische, das heißt Körper und Psyche berücksichtigende, Therapie von Long-Covid spezialisiert.

Was ist Long-Covid?

Long-Covid ist ein Überbegriff für eine Vielzahl an Symptomen, die in Verbindung mit einer vergangenen Corona-Infektion stehen. Dabei spielt es nach der aktuellen Datenlage nur eine untergeordnete Rolle, wie schwer die Akutphase der Infektion war. Long-Covid Symptome können immer auftreten, auch wenn die Erkrankung an sich sehr milde oder sogar unbemerkt verlief. Das macht das Krankheitsbild Long-Covid für viele zu einer unterschätzten Gefahr. Die Wissenschaft arbeitet auf Hochtouren daran, Long-Covid weiter zu erforschen, um mögliche Risikofaktoren und -gruppen zu identifizieren. Derzeit befindet sich die Forschung allerdings noch ganz am Anfang.

Wichtig: Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge ist bei 10% der Infizierten mit andauernden Symptomen, also Long-Covid, zu rechnen (NICE-Guideline, 2020).

Symptome von Long-Covid

Auch wenn Long-Covid noch nicht gut erforscht ist – der Leidensdruck und der Behandlungsbedarf sind hoch! Betroffene werden durch die Spätfolgen massiv in ihrem Alltag und in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Dabei sind die Beschwerden höchst unterschiedlich. Grob lassen sie sich in körperliche und psychische Beschwerden unterteilen, wobei diese natürlich auch miteinander zusammenhängen können.

Long-Covid: Körperliche Symptome 

  • Atemprobleme, wie z.B. Kurzatmigkeit
  • Herzrasen oder Herzrhythmusstörungen
  • Verminderte Belastbarkeit
  • Chronische Müdigkeit (auch Fatigue-Syndrom genannt)
  • Langfristiger Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn
  • Schmerzen

Long-Covid: Psychische Symptome

  • Angstzustände
  • Depressive Verstimmungen
  • Störungen der Merkfähigkeit
  • Konzentrationsschwierigkeiten

Ganz bildlich beschreiben einige Betroffene ihren Zustand als ein Gefühl von „brain fog“, also „Nebel im Gehirn“. Viele sind extrem frustriert, da sie das Gefühl haben, den Long-Covid Symptomen hilflos ausgeliefert zu sein. Die Genesung benötigt viel Geduld, Schonung und ein fundiertes Therapiekonzept.

Ursachen für Long-Covid

Die Ursachen von Long-Covid sind noch nicht eindeutig zu bestimmen. Bisher hat die Wissenschaft drei Vermutungen, warum eine Corona-Infektion zu schweren Spätfolgen führen kann. Zum einen ist es denkbar, dass sich einzelne Viruspartikel im Körper halten und von Zeit zu Zeit wieder zu Komplikationen führen können, indem sie Zellen erneut schädigen. Dies ist auch von Masern- oder Herpesviren bekannt. Zum anderen liegt Long-Covid möglicherweise eine fehlgeleitete Immunreaktion zugrunde. Das Immunsystem fährt nach der akuten Infektion nicht mehr herunter und beginnt, andere Körperstrukturen anzugreifen.

So kann Long-Covid zu einer Multi-Organ-Krankheit werden, die dann eine Vielzahl unterschiedlichster Symptome mit sich bringt. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Coronaviren die Zellstrukturen im Körper angreifen. Die resultierenden Schäden werden „Mikroläsionen“ genannt und können ebenfalls Entzündungsprozesse auslösen.

Psychosomatische Behandlung von Long-Covid

Je nach Art und Ausprägung der Symptome kann die Behandlung von Long-Covid unterschiedliche Schwerpunkte haben. Um die körperliche Belastbarkeit Schritt für Schritt zu erhöhen, sind dosierte Atem- und Sportübungen notwendig, ohne jedoch den Körper zu überfordern. Das Atemtraining hilft dabei, Kurzatmigkeit oder Husten zu verbessern. Hierzu wird die Atemmuskulatur mit speziellen Übungen gestärkt und neue, hilfreiche Atemmuster eingeübt. Das Sportprogramm zielt vor allem auf eine Verbesserung der Ausdauer.

Die Patienten durchlaufen beispielsweise ein individuell angepasstes Ergometer-Training, bei dem Puls und Atmung stets kontrolliert werden, um die Belastung auf optimalen Level zu halten. Das Training sollte von erfahrenen Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten begleitet werden, damit es nicht zu einer Überbelastung kommt. Neben der Belastung ist auch die Entlastung von besonderer Bedeutung. Entspannung, Schonung und Ruhe gehören dazu, nur so können sich Körper und Geist von den Strapazen der Infektion erholen.

Exkurs: Die Behandlungsmethoden werden genau auf die jeweiligen Symptome abgestimmt. Auch Sensibilitätsstörungen, Riech- und Geschmacksstörungen können behandelt werden. Im Repertoire sind auch physikalische Maßnahmen wie Lymphdrainage, Reflexzonenmassagen oder Akupunktur.

Neuropsychologisches Training und Psychotherapie bei Long-Covid

Mit neuropsychologischem Training lassen sich die betroffenen kognitiven Funktionen ganz gezielt verbessern. So werden beispielsweise Aufmerksamkeits- oder Merkübungen durchgeführt. Hier gibt es spezielle Computerprogramme, die sich fein auf die jeweilige Leistungsfähigkeit anpassen lassen. Hinzu kommt Gesprächspsychotherapie im Einzelsetting und in der Gruppe. Wichtige Themen sind:

  • Krankheitsverarbeitung: Bereits die akute Corona-Infektion ist für viele Betroffene ein Schock. Die erste Erleichterung nach Abklingen der Akutphase hält dann oft nicht lange: Betroffene realisieren nach und nach, wie sehr ihnen die Infektion mit dem Corona-Virus zugesetzt hat und müssen sich mit den Long-Covid Symptomen auseinandersetzen. Dabei erfahren sie nicht selten Unverständnis und Unwissen, sei es durch medizinisches Fachpersonal oder durch ihr Umfeld. Im Gespräch können diese Erfahrungen aufgearbeitet werden.
  • Bewältigungsstrategien: In der Psychotherapie lernen Betroffene, wie sie mit der neuen Situation umgehen können. So muss beispielsweise der Alltag neu strukturiert werden, da die Belastbarkeitsminderung das gewohnte Pensum nicht zulässt. Dies erfordert eine große Portion Akzeptanz und Selbstfürsorge, nicht nur bei den Betroffenen selbst, sondern auch in ihrem Umfeld.
  • Stressmanagement: Bei Long-Covid ist davon auszugehen, dass die Symptome länger bestehen bleiben. Die Tatsache allein kann bereits Stress auslösen. Hinzu kommen externe Stressoren, wie finanzieller Druck, der Job oder die Familie, sowie innere Stressoren, wie Glaubenssätze und Verhaltensmuster. In der Therapie erfahren die Betroffenen, wie wichtig es für die Genesung ist, diese Stressoren abzufedern und einen neuen Umgang mit ihnen zu erlernen.
  • Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen: In Gruppen können sich Betroffene begegnen und ihre Geschichten teilen. So wird deutlich, dass niemand mit diesem Symptombild allein ist. Zudem können hilfreiche Tipps besprochen werden.

Weitere Therapiemaßnahmen bei Long-Covid

Generell soll die Rehabilitationsbehandlung von Long-Covid dazu führen, dass die Betroffenen wieder am alltäglichen Leben teilnehmen können. Dazu gehört selbstverständlich auch die Wiedereingliederung in den Beruf. Der Wiedereinstieg wird in der Ergotherapie vorbereitet. Die hier verwendeten arbeitstherapeutischen Maßnahmen schulen die Konzentration, die Ausdauer und die Belastbarkeit. Es wird deutlich, dass eine so komplexe Erkrankung wie Long-Covid eine komplexe Behandlung fordert. Diese Behandlung muss sowohl die körperlichen als auch die psychischen Beschwerden einbeziehen. In der Psychosomatik gehört dies zur Grundphilosophie, weshalb sich psychosomatische Kliniken, wie die LIMES Schlosskliniken, besonders für die effektive Behandlung von Long-Covid anbieten.

Quellenangaben

(1) Funke-Chambour, M., Feldmeyer, L., Hoepner, R., Huynh-Do, U., Maurer, B., Rexhaj, E., & Geiser, T. (2021). Das Long-COVID-Syndrom–ein neues Krankheitsbild nach COVID-19-Infekt. Praxis.

(2) Mahase, E. (2020). Covid-19: What do we know about “long covid”?. bmj370.

(3) Müller, T. (2021). Rätsel um Ursache von Long-COVID gelüftet?. CME (Berlin, Germany)18(6), 20.

(4) NICE. Covid-19 rapid guideline: managing the long-term effects of covid-19. https://www.nice.org.uk/guidance/ng188/chapter/4-Planning-care (5) Venkatesan, P. (2021). NICE guideline on long COVID. The Lancet Respiratory Medicine9(2), 129.

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Kategorien: Long-Covid

Friederike Reuver
Autor:in Friederike Reuver
"Die LIMES Schlosskliniken haben sich auf die Behandlung von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen spezialisiert. Mit Hilfe des Blogs möchten wir als Klinikgruppe die verschiedenen psychischen Erkrankungen näher beleuchten und verschiedene Therapien sowie aktuelle Themen vorstellen."

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